Contagious („Ansteckend”) ist ein New York Times Bestseller, welcher erklärt, warum manche Produkte und Ideen sich viral verbreiten und andere nicht. Jonah Berger vertritt die Auffassung, dass Word of Mouth wie nichts Anderes zum Konsum anregt. Diese These ist zunächst nichts Neues und wurde schon x-mal aufgegriffen. Der Kern des Buches ist also nicht Sinn oder Unsinn von Mundpropaganda. In diesem Buch wird versucht, aufgrund wissenschaftlicher Recherche festzustellen, was zum Word of Mouth anregt. Wie kann man Content erstellen, der sich viral verbreitet? Welche Faktoren sind zu beachten? Und wie kann man systematisch virale Inhalte erstellen?
Selbstverständlich kann es keinen ultimativen Schlachtplan geben, der zur Virilität führt. An Kreativität bei der Contenterstellung und-vermarktung kommt man nicht vorbei. Dennoch wird von Jonah Berger veranschaulicht, welche Faktoren Einfluss auf die Viralität haben. Seine Aussagen sind mit Studien hinterlegt und durch Beispiele untermauert. Berger selbst, hat an der Stanford University studiert und ist Professor für Marketing in Wharton. Er definiert in Contagious 6 Schritte, die die Wahrscheinlichkeit auf Viralität erhöhen. Diese nennt er STEPPS (STEPPS dient als Akronym).
Contagious: STEPPS
Social Currency
Die Idee hinter der Social Currency ist, dass Menschen gerne mit anderen teilen, was sie gut aussehen lässt. Menschen möchten sich (oft unterbewusst) selbst als schlau, cool, up-to-date und interessant darstellen. Hierbei spielt die Plattform keine Rolle. Teilen kann man so über Facebook, Whatsapp, E-Mail und Co. Aus diesem Grund machen die meisten Menschen z.B. Bilder von Ihrem Essen im Restaurant: Um den Freunden auf Snapchat, Instagram oder Facebook mitzuteilen, dass sie nach wie vor tolle Sachen erleben. Je edler und kostspieliger das Restaurant, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass vom Essen Bilder geteilt werden. Und das ist die Social Currency. Es wird einem der Mehrwert geboten, sich vor anderen damit positiv darzustellen. Dies kann ein teures Produkt, ein lustiges Meme oder ein lehrreiches Video sein. Theoretisch ist der Kreativität bei der Anwendung keine Grenze gesetzt.
Triggers
Wie wird man an das Produkt erinnert? Beim Trigger geht es darum, den Menschen zu erziehen und ihn zu konditionieren. Man erschafft Eselsbrücken und Kombinationen, die einen im Alltag an das Produkt erinnern. Ein gutes Beispiel gibt Berger hier mit der Werbekampagne von Kitkat. Nach jahrelangen Problemen mit Rückgängen im Verkauf setzte Kitkat auf eine neue Werbekampagne:
Sie haben ihr Produkt an Kaffee und Pausen „gebunden“. Der Sinn dahinter ist, dass viele Konsumenten täglich einiges an Kaffee trinken. Das Ziel war es, eine Brücke zwischen Kaffee und Kitkat zu schlagen. Macht man sich einen Kaffee soll man auch Lust auf einen Kitkat bekommen. Da der Kaffee Konsum sich täglich wiederholt, denkt man auch sehr viel öfter an Kitkats. Diese Werbestrategie hat Kitkat-Verkäufe in die Höhe schießen lassen. Sehr raffiniert wurde der Verbraucher erzogen. Diese Strategie wurde erfolgreich auf Pausen übertragen. Den Slogan „Have a break, have a KitKat!“ kennt heute noch jeder. Da jeder Mensch täglich Pausen macht, ist eine Verknüpfung zum Produkt perfekt. So denkt man in seinen Pausen am Snackautomaten direkt an Kitkat.
Emotion
Nach diesem Prinzip wird Content geteilt, wenn er starke Emotionen weckt. Empfinden wir Content als witzig oder spannend, teilen wir ihn gerne. Aber auch Content mit starken Emotionen wie Angst, Unsicherheit oder Hass führt leicht zu einem viralen Effekt. Damit verkauft sich ja auch ein großer Anteil der Mainstream-Medien. Die Emotion, die nicht zum Erfolg führt, ist Trauer. Ist man traurig, möchte man nicht unbedingt viele Menschen daran beteiligen.
Public
Dieser Punkt beschreibt, wie die eigenen Interessen von der Außenwelt abhängen. Dieses Verhalten ist – meiner Meinung nach – mitunter am einfachsten zu verstehen. Das Kaufverhalten orientiert sich bei vielen Menschen an der Gruppe. Das muss nicht zwangsläufig durch den Gruppenzwang entstehen. Ist ein Produkt z.B. in einem Freundeskreis besonders beliebt, wird man häufig damit konfrontiert. Das beeinflusst unbewusst die eigene Kaufentscheidung. Ist das Produkt entsprechend auffällig designed, steigt die Aufmerksamkeit. Apple leistet auf diesem Gebiet sehr gute Arbeit. Die weißen Kopfhörer sind schon immer besonders ausgefallen. Die Farbe sticht ins Auge und jeder verbindet sie mit Apple. Ebenfalls war früher das Applelogo auf den Macbooks anders herum abgebildet. Die Nutzer haben das Applelogo gesehen, als das Gerät noch geschlossen auf dem Tisch lag. Komfortabel für den Nutzer, aber schlecht für die Mitmenschen. War der Laptop nämlich aufgeklappt, wurde das Logo falsch herum angezeigt. Apple entschied, dass die öffentliche Sichtbarkeit des Logos wichtiger ist. Die Idee dahinter ist der Faktor „Public“. Hier ist wichtig sicherzustellen, dass Menschen sehen können, wenn andere das Produkt nutzen.
Practical value
Sobald ein nennenswerter praktischer Nutzen für den Kunden entsteht, steigt die Wahrscheinlichkeit der Mundpropaganda. Es ist wichtig, dass auf das Leistungsangebot ein großer Mehrwert gesetzt wird. Was ist tatsächlich außerordentlich nützlich?
Stories
Die Macht einer gut erzählten Geschichte sollte jedem Marketer klar sein. Dieser Punkt ist Teil des Storytellings. Wichtig sind zwei Faktoren: Die Geschichte muss so gut sein, dass Sie zwanglos weitererzählt werden kann. Die Unterpunkte Emotion und Social Currency helfen dabei. Der zweite, wichtige Punkt ist, dass man die Geschichte nicht ohne das Produkt erzählen kann. Jede Bemühung ist vergebens, wenn das Produkt nicht Kern der Story ist. Berger führt Blendtec als Beispiel an. Diese Firma produziert Mixer im Hochpreissegment. Mixer sind nicht wirklich attraktive Produkte und deshalb ist die Vermarktung schwieriger, richtig? Falsch! Blendtec hat mit der Videoreihe „Will it blend?“ einen viralen Treffer gelandet. In diesen Videos verpulvern sie Murmeln, Actionfiguren und sogar iPhones in ihren Mixern. Jeder, der diese Videos schon gesehen hat, kann leicht verstehen, dass sie sich wie ein Lauffeuer verbreitet haben. Man erzählt von diesen genialen Videos selbstverständlich gerne seinen Freunden oder Kollegen. Aber man kann die Geschichte nicht ohne den Mixer erzählen – das ist gutes Storytelling. Und wenn man nun einen Hochleistungsmixer benötigt, fällt die Wahl natürlich auf den, der selbst ein iPhone gnadenlos zerstückelt.
Contagious – Why things catch on
Fazit
Contagious enthält viele Beispiele und Informationen über viralen Content. Fortgeschrittene Online Marketer werden in diesem Buch sicherlich wenig völlig Neues entdecken, aber es ist eine schöne Zusammenfassung und Veranschaulichung von viralem Marketing. Altbewährte Zusammenhänge werden aufgegriffen und in neuen Kontext gebracht. Jeder Leser kann sich von Fallbeispielen und Studien inspirieren lassen. Es ist perfekt geeignet für Anfänger des (online) Marketings. Hilfreich ist es für Social Media Marketing ebenso. Contagious ist jedoch nicht als Blaupause zu verstehen, sondern als Inspiration. Berger wiederholt viel und häufig, was das Lesen etwas streckt. Leider ist „Contagious: Why Things Catch On“ nicht in Deutsch erhältlich. Der Content ist aber definitiv lesenswert – auch und gerade in englischer Sprache.